Playa des Palmeras ist so ein herrlicher Ort! Wir bleiben zwei Nächte, dann geht uns aber der Strom langsam aus: versehentlich war die Kühlschranktüre nicht richtig zu und mehrere Stunden ging so einige Watt weg. Bis dahin hatten wir immerhin 9 Nächte nicht mehr am Landstrom gehangen, seit Avignon! Mangels Sonne rutschten wir jetzt aber unter 20% und ich werde nervös. Also eine Stunde weiter südlich hinter Carboneras auf einen netten Stellplatz, alles aufladen: Die Batterien, alle Geräte mit Akkus, starlink anwerfen um ohne Datenbegrenzung Updates und uploads zu machen, Frischwasser rein, Grauwasser raus…
Die nächsten Tage versprechen schöne warme Sonne. Weiter südlich beginnt eine wenig reizvolle Gegend voller Gewächshäuser, also wohin? Voll geladen können wir ja wieder einige Tage autark stehen, wollen wir nicht zurück an „unseren“ Strand? Genau das!
Wer ganz genau die findpenguins Karte studiert, sieht eine fette Spur zwischen Stellplatz und Strand, was mit einem vergessenen Schlüssel und einer nicht sehr erfreuten Pilotin zusammenhängt. Seitdem steht auf unserer Takeoff-Checkliste ein Punkt mehr:
- Hubstützen oben
- Trittstufe eingefahren
- Landstrom abgesteckt
- Dachluke geschlossen
- Satschüsseln eingefahren
- Alle Schlüssel da?
Herrliche Sonne und Badewetter empfängt uns am Strand und wir genießen den Platz und die Aussicht in vollen Zügen weitere drei Nächte. Wir kommen mit Nachbarn ins Gespräch: auf der einen Seite ein äußerst freundlicher Mann der alle möglichen Sprachen zumindest ein ganz klein wenig sprechen kann, der mir hilfsbereit ohne zu zögern den Hang heraufhilft und uns mit Orangen und Mangos beschenkt, auf der anderen Seite Frank und Ella aus Hannover, die uns mit den Fahrradpedalen helfen und mit denen wir einfach mal rumquatschen, dann ist da Axel aus Braunschweig, eigentlich Rockstar, der auf den Weg nach Portugal ist zum „Pizza-Festival“ wo es „alle Arten von Drogen“ geben soll… Ganz andere Typen als zuvor am Stellplatz mit den Dickschiff Senioren. Wir sind alle Camper und doch so verschieden, es macht Spaß, die eigene Nische zu besetzen. Die Box ist dabei offenbar auch ein Respekt erzeugendes Statement.
Nach drei Nächten entspanntem Rumgammeln soll es also wieder weitergehen. Eine gute Stunde nördlich beginnt die Desierto de Tabernas, die „einzige Wüste Europas“, in den 50ern Kulisse unzähliger Spaghettiwestern und Abenteuerfilmen von Lawrence von Arabien bis Indiana Jones.
Unweit von Tabernas finden wir den Stellplatz „Little Texas“ von Erick aus den Niederlanden, der sich ein kleines Paradies geschaffen hat. Abends eiskaltes Don Miguel Especial aus dem Zapfhahn, morgens zum Sonnenaufgang ein Sprung in den auf 28grad beheizten Pool… hier könnte man auch sehr gut ein paar Tage länger bleiben.
Wir möchten aber weiter Richtung Granada. Die ehemaligen Filmbauten, die jetzt instandgesetzt als Touristenmagnet und Backdrop für Westernshows fragwürdiger Qualität herhalten, kucken wir uns nur aus der Ferne an, dafür wollen wir kein Geld ausgeben.
Stattdessen suchen wir an der alten kaum befahrenen Verbindungsstraße AL-3407 nach einem Übernachtungsplatz, wo Conny am nächsten Morgen ihre zwei Online Kurse geben kann. Wir finden einen traumhaften Ort, wo einfach alles passt. Die Box steht gut, die Aussicht ist phänomenal, die Sonne brennt uns auf den Bauch, dank Starlink auch flottes Internet. Am Abend fahren insgesamt 5 Fahrzeuge vorbei, alles prima! Bis…
In der Nacht um drei tobt unter sternenklarer Nacht ein fetzen Sturm! Der Wind rüttelt so stark an der Box, dass wir besorgt die Starlink Antenne vom Dach holen, später dann die Hubstützen einfahren, versuchen, durch umparken etwas geschützter zu stehen. Die Bäume biegen sich und rauschen, es wackelt und schüttelt, an Schlaf ist nicht zu denken. Übernächtigt packen wir frühmorgens alles ein, die erste Trainingsstunde muss Sophie in Berlin vertreten, wir flüchten von unserem Traumplatz auf der Suche nach einem ruhigeren Ort.
Nach einer Stunde Fahrt finden wir neben der Autobahn einen geschützten Platz, wir bauen alles auf und Connies zweite Trainingseinheit kann stattfinden. Wir sind ein wenig stolz auf unsere Flexibilität.
Die Alhambra als Spaniens bedeutendste touristische Attraktion wollen wir uns nicht entgehen lassen. Auf dem Palasthügel stellen wir uns auf den nicht gerade günstigen (37€) aber praktischen Autocaravanas Parkplatz. Mit Kamera und Rollstuhl bewaffnet entern wir die Palastanlage. Die herrlichen Bauten und Gärten beeindrucken uns mindestens so sehr wie die erstaunliche Penetranz der allgegenwärtigen Influenzer, die sich vor jedem halbwegs bekannten Bauwerk in Pose werfen, samt Modenschau und aufgespritzten Lippen… Trotz alledem lohnt der Besuch! Besonders die feinen und zierlichen arabischen Ornamente haben es mir angetan.
Vom Hügel abwärts rollt mich Conny durch die Gassen der Altstadt, die besagten Fliesenornamente aus den Nasridenpalästen sind auf allen nur denk- und undenkbaren Gegenständen aufgedruckt und werden in jedem zweiten Laden feilgeboten. Zum Glück normalisiert sich das langsam je mehr wir uns von der Alhambra entfernen, und wir finden endlich ein schönes Tapaslokal, der gegrillte Pulpo ein Traum. Das Taxi bringt uns wieder hoch auf den Hügel, geschafft vom langen Tag schlafen wir ein.
Kurz vor Málaga in Torre del Mar besuchen wir Hanna, eine Freundin von Conny. Wir stellen die Box mitten im Wohngebiet auf einen kleinen Parkplatz, es gibt Kaffee und Kuchen, am Abend besuchen wir eine authentische Tapas Bar. Hanna kann uns als Expat viele Fragen über die spanischen Eigenheiten beantworten, z.B. spät essen: Um halb neun sitzen wir noch allein, um halb elf ist es brechend voll und man versteht sein eigenes Wort nicht mehr.
Inzwischen ist die Box fast zugeparkt, aber nach dem wieder sehr authentischen Frühstück zu dem uns Hanna abholt – frisch frittiert fettige Churros und heiße Schokolade zum tunken – hat die Pilotin kein Problem, zurück auf die Straße zu kurbeln.
Jetzt stehen wir auf einem tolerierten Parkplatz am Playa del Christo in Estepona. Wir sind noch eine halbe Stunde von Algeciras entfernt – hier legt die Fähre nach Marokko ab! Ein bisschen Nervosität macht sich bemerkbar. Bis hier war alles ein Beschreiten bekannter Wege. Ab hier wird alles neu. Was wird uns auf dem neuen Kontinent erwarten?
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