Der Jahreswechsel ist auch das Bergfest für unsere Reise. Drei Monate sind vorbei, drei weitere stehen vor uns. Für mich fühlt sich diese Reise nicht nach Urlaub an – viel mehr so etwas wie ein fortschreitendes Projekt – jedenfalls habe ich das Ende noch nicht im Blick. Von mir aus kann es gerne so weitergehen. Die Pilotin ist manchmal von meiner Behinderung genervt (aber nicht von mir!), weil sie alles so langsam und/oder kompliziert macht oder manches auch unmöglich. Das nervt mich übrigens auch, manchmal bis zur Verzweiflung. Aber ändern lässt es sich natürlich leider nicht. Also versuchen wir, damit klar zu kommen und uns anzupassen. Ohne meine Pilotin wäre die Tour für mich jedenfalls unmöglich- zum Glück sind wir ein so gutes Team!
Mein Fahrrad ist seit dem letzten fehlgeschlagen Fahrversuch in Südfrankreich in der Campergarage geblieben, dafür nutzen wir den Rollstuhl häufiger. Was uns wiederum Dinge ermöglicht, die zuvor nicht mehr gegangen sind, wie etwa einkaufen gehen oder einen Stadtbummel machen.
Wohin eine neue Reise führen könnte? Darüber denken wir auch schon nach. Ich finde, das allein spricht schon sehr dafür, wie wohl wir uns zur Zeit fühlen!
Unsere drei Besucher bringen frischen Wind in die Bude. Übereinstimmend wünschen sie sich eine Quad Tour durch die Wüste. So soll es also sein.
Nah an Marrakech gibt es die Agafay Wüste – nicht wirklich wie die Sahara mit Sand und Dünen, eher eine endlose Hügellandschaft mit Steinen überall. Und Staub dazwischen. Wir fahren einfach da hin und suchen uns eines der Camps aus, die hier die ganze Straße entlang überall links und rechts stehen, in den unterschiedlichsten Ausführungen von einfach bis Luxuriös. Jeweils mindestens eine Herde Dromedare und eine Herde Quads davor.
Die Lust reicht für eine einfache schnelle Tour rund um die Hügel, die Jungs mit quads und die Pilotin steuert uns beide mit einem Buggy. Vorneweg Muhamed als Guide. Es geht gleich los und innerhalb Minuten sind wir komplett eingestaubt. Es knirscht zwischen den Zähnen. Wir brettern ein wenig durch die steinige Landschaft, dann war’s das schon wieder. Ein schneller Spaß!
In der Nähe finden wir ein tolles Plätzchen zum Übernachten an einem Stausee. Das Restaurant ist eine Enttäuschung, dafür die Landschaft phantastisch, ein kleines Feuer verlängert den Abend. Heute schläft Nick im Mietauto, und Tom und Mark bei uns in der Box. Klappt auch ganz gut.
Am folgenden Tag steuern wir Essaouira an, bzw. das nahegelegene Sidi Kaouiki – ein Surfer Spot mit tollem Strand.
Wegen der Weihnachtsferien ist es recht voll, also stellen wir uns an den Strand zu einigen anderen Campern und machen einen faulen Tag am Meer.
Der Polizist auf dem Quad erklärt am nächsten Tag freundlich, dass zum Abend alle Camper hier verschwinden müssen.
Glücklicherweise haben wir auf der anderen Seite des Ortes im Süden zwischen Arganbäumen einen schönen alten Lastwagen-Camper gesichtet, dort in der Nähe finden wir ein Traumplätzchen mit Blick aufs Meer. Die Hängematte zwischen die Bäume, der Grill wird klargemacht, Hunde und Esel besuchen uns, Angler bringen fangfrische Dorade vorbei, der Sonnenuntergang ist malerisch. Alles passt!
Die Wellen sehen von hier aus richtig toll aus, und ein Teil der Familie macht einen Surfkurs, während der andere Teil es mehr gemütlich nimmt… die Tage sind entspannt und schön.
Für den Jahreswechsel ziehen wir um in eine AirBnB „Villa“ im Umland von Essaoira. Eigentlich zwei Häuschen in einem großen schön angelegten Garten. Die Box passt gerade so in die Einfahrt, es gibt warmes Wasser und einen kalten Pool, hier ist unsere Homebase für die nächsten Tage.
Essaouira macht einen angenehmen Eindruck. Der Ort hat starke portugiesische Einflüsse, traditionell ein Platz der Toleranz, wo Moslems, Christen und Juden friedliches Miteinander gelebt haben. Auch die Hippies entdeckten den entspannten Flair in den 60ern, Jimi Hendrix verbrachte hier einige Zeit.
Wir genießen den Bummel durch die Stadt. Kleine Souvenirs für die Jugend und ihre Freunde werden besorgt, abends gibt es lecker Essen.
Nick hat im Herbst eine Barkeeper Ausbildung gemacht – und wir beginnen den Silvesterabend mit seinem selbst kreierten „Blütentau“ Drink, der gleich Lust auf einen zweiten (oder dritten) macht. Fürs Galadinner ziehen wir in die Box um, wo wir wirklich lustige Stunden verbringen und das neue Jahr begrüßen. Böller oder Raketen gibt es diesmal keine, auch Silvester wird hier in Marokko nicht gefeiert.
Auch wenn der Alkohol nur in engen Grenzen geflossen ist, ist unser Zustand am Neujahrstag ideal für einen weiteren faulen Tag am Strand. Wir fahren zum Stadtstrand in Essaouira und lassen die Atmosphäre auf uns einwirken. Ich entwickle die Idee, auch an unserem anderen Lieblingsstrand (im Norden von Rügen an der Ostsee) einen Quadverleih, Pferde- und Dromedarausflüge anzubieten…
Nach einem weiteren Surf- und Strandtag heißt es dann schon wieder Abschied nehmen von unseren Söhnen. Es war ein sehr schöner Besuch, eine lustige Abwechslung mit recht anderen Prioritäten als in unserer sonstigen Reiseplanung. Wir hatten richtig viel Spaß zusammen, und Conny und ich sind dankbar, dass wir die Jungs haben und mit ihnen zusammen sein durften. Während sie jetzt über Marrakech nach Europa fliegen, steuern wir weiter die Küste hinunter Richtung Süden.
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