Rif ohne Kiff

Heute sind wir vom Mittelmeer Richtung Fes über das Rif-Gebirge gefahren. Die Pilotin musste reichlich am Lenker kurbeln, der Copilot hat die Felder links und rechts studiert. Die Gegend die wir durchfuhren, ist nämlich das Haupt Cannabis Anbaugebiet von Marokko, hier kommt angeblich das „Beste Haschisch der Welt“ her. Was haben wir vorher über die Route gebrütet, was haben wir alles gehört: mafiöse Strukturen! Aggressives Verkaufsgehabe! Das Hasch wird einem zum Fenster reingeworfen! Ganze Täler voller Gras soweit das Auge reicht! Voll stressige Fahrt! Oder besonders lustig: du wirst mit Hasch betäubt und entführt…!

Nach alledem bin ich ein wenig enttäuscht… ein einziger Mann mit Weed-Blättern auf den Pulli gedruckt winkt uns zu, das war so ziemlich alles, was wir auf den rund 4 Stunden an Drogenabgründen gesehen haben. Leider hat uns keiner Haschisch ins Auto geworfen oder uns damit willenlos gemacht. Die Felder sind alle abgeerntet, keine Ahnung was da drauf sonst so wächst. Stattdessen: grandiose Landschaft, wilde Nadelwälder, herrliche Täler. Diese Strecke hat sich wirklich gelohnt. Auch der Stellplatz, wo wir jetzt gelandet sind, bietet ein 280 grad Panorama vom feinsten, das uns die Wartezeit auf die abendliche Tajine versüsst. Die Pilotin muss schließlich nicht nach der anstrengenden Fahrt auch noch die Köchin werden. 

Obwohl sie schon wieder das „vegan im van“ Kochbuch studiert…  Ich habe das Glück, dass Conny richtig Lust auf Kochen entwickelt hat und ich oft mit tollen Leckereien verwöhnt werde. Nicht alles klappt natürlich (Veganer Schokoladenkuchen igitt), aber die gelungenen Rezepte sind jedesmal eine kulinarische Freude. 

Morgen in Fes soll es also einen großen Carrefour Supermarkt geben, der Einkauf wird schon seit einiger Zeit vorbereitet. Einkaufen ist sonst nicht ganz so einfach. In den Städten gibt es einen Souk mit allem was man braucht, aber auf dem Land muss man schon schauen. Die allgegenwärtigen Stände auf der Straße haben das lokale Angebot, also zB nur Oliven, oder nur Nüsse, nur Obst, nur Haschisch (nee, eben nicht!)…Andere Dinge des täglichen Bedarfs muss man irgendwie in den kleinen Läden finden.

Oder man geht eben essen. Die Preise sind so niedrig, dass man das eigentlich jeden Tag machen könnte. Aber wenn Conny kocht, esse ich lieber das!

In den Cafés, die wir bisher besucht haben, sitzen ausnahmslos Männer. Das ist das typische Bild überall. Die Frauen, die draußen unterwegs sind, gehen fast nur in Gruppen oder sie treiben die Tiere durch die Felder oder schleppen riesige Büschel von Ästen auf dem Rücken. Einmal nur sitzen wir im Restaurant (das auch eine touristische Attraktion zu sein scheint), wo auch Frauen mit dabei sind und junge Damen sogar ohne Kopftuch. Auf dem Land jedoch sieht man vor allem voll verschleierte Frauen oder die bunten Kleider mit den lustigen Strohhüten (aber immer die Haare, die Beine, die Schultern bedeckt). Was nachdenklich macht, gerade zB am Strand: was zieht man an? Wie verhält man sich respektvoll? Das mit der Shorts-Grenze ist hier auch nicht so einfach, hier tragen ausnahmslos alle Männer lange Hosen. Also, außer die Touristen! Meistens allerdings nicht ganz so tragisch, die Temperaturen sind ohnehin nicht so hoch…

Von der Fähre bis Chefchaoun waren wir ja im Doppelpack mit den Landstreichern Christiane und Werner (und Hund Carlos) unterwegs. Das war sehr angenehm, weil wir die erste Aufregung und die Eindrücke und die Route und die Ortswahl und Einkäufe auf vier Menschen verteilen konnten. Die beiden sind im März ins selbstausgebaute Overlander Mobil gezogen und hatten sich davor vor allem in Spanien herumgetrieben. Ich habe selten so angenehme und stressfreie Reisebegleiter erlebt. Allerdings haben Conny und ich bemerkt, dass wir die Zweisamkeit beim Reisen schon nach einer Woche ein bisschen vermissen. Wir wollten nach der blauen Stadt aber ohnehin zuerst Richtung Mittelmeerküste, und die beiden Landstreicher Richtung Fes, also verabschiedeten wir uns für jetzt, und treffen uns aber hoffentlich im Marrakech über Weihnachten wieder.

Wir nehmen Richtung Mittelmeer die Straße RR406 durch das Tal, das hier das Rif durchschneidet, und finden auf einem Schotterplatz neben einer Furt über den Fluss unseren Übernachtungsplatz. Auf der anderen Seite gibt es wohl eine leckere Wiese für die Tiere: am Morgen kommen die verschiedenen Hirten und treiben ihre Viecher über den Fluss: Kühe, Ziegen, Schafe, Esel, in den unterschiedlichsten Kombinationen. Und abends wieder zurück (ja, wir bleiben 2 Nächte, weil es uns so gefällt). Nebenan pflügt einer mit zwei Eseln das Feld, der weiße Reiher immer in der Furche hinterher.

Am Nachmittag kommt ein alter Hirte vorbei und quatscht uns voll, ausdauernd und mindestens eine  Stunde lang, auf arabisch und mit Händen und Füßen und wir verstehen absolut kein Wort, was aber überhaupt nichts ausmacht. Drei Mädchen kommen vorbei und haben ein paar Worte französisch dabei, dass sie dann etwas hartnäckiger etwas von uns erbetteln wollen, macht eigentlich auch nichts aus.

Weiter geht es dann nach Stehat am Meer, wo wir auf einem Parkplatz direkt am Strand problemlos stehen können. Der Ort scheint im Sommer ein beliebter Ferienort für Marrokaner zu sein, jetzt im Dezember ist hier aber nichts los. Das Lokal am Strand hat doch nichts zum Essen, dafür bieten mir die lokalen Jugendlichen einen Zug aus ihrer Pfeife an… ahhhhh 😉

Am nächsten entspannten Tag nehmen wir die Küstenstraße RN16, es ist kurvig wie an der Côte d’Azur, aber baumlos und steinig wie an der Costa Brava. Es geht hin und her und auf und ab und dazwischen ist außer Aussicht nicht viel. Dankbar stoppen wir an dem oben schon erwähnten Restaurant Vista Mar zu Mittag, auch mit Aussicht und sehr feinem  (und erstaunlich günstigem) Essen. 

Noch etwas weiter die Küste entlang kurven, dann landen wir bei dem wunderbaren Campingplatz „Friends of Cala Iris“ – allerdings nicht ohne dass die Pilotin den Vierrad auf der steilen Schotterpiste einsetzen muss. Viel mehr off-Road feeling brauchen wir eigentlich nicht…

Der ohnehin schon nicht an Aussichten mangelnde Tag endet hier oben auf der Kuppe mit: phantastischer Aussicht, direkt von unserem Wohnzimmer in der Box. Die Wellen unten aus der Bucht und der Blick zum Horizont erzeugen instant Relaxation, auch hier bleiben wir zwei Nächte, einfach weil es so schön ist. Und von hier aus machten wir uns heute auf den Weg nach Fes!

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2 Antworten zu „Rif ohne Kiff“

  1. Avatar von Eberhard-Hölzl Maria
    Eberhard-Hölzl Maria

    Farben – Ausblicke – Eindrücke -Begegnungen – vielen Dank, dass ihr uns mitnehmt.


  2. Das sieht nicht nur toll aus ihr Lieben, das liest sich auch sehr toll …. aahhhhhh 😁


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